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Agitationsrede anläßlich des Solifestes des WLT Castrop-Rauxel 2003
Genre: Kabarett
Moderator stehend und Steinkoch ohne Hosen am Tisch sitzend.
Moderator:
Ich begrüße Sie meine wirklich hochverehrten DAMEN UND HERREN in Ihrer Eigenschaft als Kulturbewahrer, Sich-Solidarisierer und gewissermaßen Volksverweser.
Der Herr ist mein Hirte, mir wird es an nichts mangeln.
Wir haben heute den Sekretär Herrn Dr. Steinkoch aus dem Bundeskulturpressereferat mit ein paar Spendenquittungen in unsere heiligen Hallen gelotst, um uns aus den Quellen Gemeindeverwaltung, Bundes und Landeshaushalt in Bezug zur Kultur einige Fakten zum Besten zu geben.
Die Regierung
bemüßigt sich für.
Deutschland - Kultur - ein Streichkonzert.
Ja ja, Gesundschrumpfen, auch in den Köpfen.
Ich hab da mal n büschen recherchiert, ist ja alles öffentlich.
Aachen: Dem Theater droht eine Kürzung der Städtischen Mittel um 3,75 in diesem, in den folgenden zwei Jahren um je 1,2 von bisher 15,4 Millionen.
Augsburg: Der Kulturetat wird um 5% gekürzt, das Theater erhält 10,3 Millionen, das ist der Stand von 1988.
Berlin: Kulturetat um 11 Millionen gekürzt, Staatsoper um 7,2, Komische Oper um 1,8, ein Prozent weniger fürs Maxim-Gorki und das Deutsche, Schaubühnendefizit wird nicht ausgeglichen, Hansa Theater bekommt keine Zuschüsse mehr, Schlossparktheater geschlossen.
Bielefeld: Das Theater am alten Markt wird aufgegeben.
Bonn: Kulturetat um 22% oder 16 Millionen geschrumpft.
Braunschweig: Kulturetat um 6% oder 1,1 Millionen geschrumpft.
Castrop-Rauxel. Ich habe mit dem Minister Herr Dr.! Vesper gesprochen, der Herr Minister rechnet noch, es sollen so um die 40% weniger fürs Theater sein, die es sich dann ja von den Gemeinden und Vereinen wiederholen könnte. Mentalitätspreisfrage: Was buckelt hoch und tritt danieder?
Chemnitz: Kulturetat um eine Million geschrumpft, davon eine halbe fürs Theater, das Opernhaus sagt Aufführungen ab, die Einnahmen werden dadurch weniger.
Dortmund: Das Land gibt dem Theater erstmal 300 Tsd weniger
Dresden: Die Stadt spart 3 Millionen ein, die Flut hat den Bühnen Einnahmeverluste gebracht.
Duisburg/ Düsseldorf: Tariferhöhungen werden nicht ausgeglichen, die Deutsche Oper reduziert ihre Vorführungen und hat dadurch Einnahmeverluste.
Erfurt: Die Sparte Schauspiel des Theaters wird abgewickelt.
Erlangen: Der Kulturetat schrumpft um 5%
Esslingen: Der Kulturetat schrumpft um 3%, zwei Landestheater könnten fusionieren.
Freiburg: 700 tsd weniger fürs Theater
Frankfurt am Main: das TaT ist aufgelöst, das Ballettensemble ist aufgelöst, der Opern und Schauspieletat schrumpft um 11 Millionen oder 16%
Frankfurt an der Oder ist schon Geschichte
Hamburg: der Kulturetat steigt zwar, aber das Schauspielhaus muß 1,2 Millionen einsparen und eine Spielstätte schließen.
Hannover: Die Stadt kürzt hier und da, weitere 60 Stellen werden in der Kultur abgebaut.
Die Quote steigt.
Köln:21,3 Millionen werden im Kulturhaushalt eingespart, Halle Kalk weg, Schlosserei weg, alle Opernspielstätten außer zwei Haupthäusern weg.
Leipzig: Alle Zuschüsse seit 6 Jahren eingefroren, eine Spielstätte schon mal weg.
Mainz: Kulturetat um 600 tsd, später 1,6 Millionen, seht wo ihr bleibt.
München: Bis 2006 18 Millionen weniger Kultur, weniger Inszenierungen.
Münster: eine Sparte muß wohl gehen.
Nürnberg-Kultur: Insgesamt wird’s um 2 Mille mehr, im einzelnen aber je 1% weniger.
Potsdam: Zuschüsse erstmal minus 5%, Das Neue Theater baun se trotzdem weiter, vielleicht wird’s auch noch bespielt.
Rostock spart insgesamt 56 Millionen, dafür überall.
Singen: Nach einem internen Papier der Stadtverwaltung, das allerdings veröffentlicht wurde, soll das Theater „Die Färbe“ statt soundso nur noch dasunddas bekommen, 2005 dann nichts mehr. Damit ist auch der Landeszuschuß hinfällig, der an die Stadt gekoppelt ist. Der Bürgermeister ist allerdings für den Erhalt des Theaters.
In Stuttgart gleichen se die Tariferhöhungen nicht aus.
In Weimar sparen se 1,2 Mille, aber nur „Außerhalb der Hochkultur“
Jungle boogie.
Im Dschungel mit dem (JINGLE tarzan) Kulturdings Dr.! M. Vesper! über seinen Taschenrechner gebeugt: vielleicht sind es tipptipptipp 40 % vielleicht auch tipptipptipp 36,5 % das wäre gerundet tipptipptipp 35 %, das wäre doch schon was! Ja meine Damen und Herren, das ist echter Gestaltungswille, ein Gründungsmitglied der Grünen, früher immer Löwenzahn geguckt und nicht viel behalten als -di di dipp dipp - und hinterher abschalten; wenn das bei den Atomkraftwerken so gut klappt, machen wir das mit den eben Theatern auch.
Der Herr ist mein Hirte, er erquickt meine Seele.
Wenn also Sparen das neue Amen und Zahlen die Befehlsgewalt und Religion sind, dann hören wir doch mal die frohe Botschaft, die Verkündigung, die aus dem Haushaltshaltsplan erschallt, den tipptipptipp-Gestaltungswillen enthüllt. Die Zahl ist nicht korrupt und lügt nicht, anders als das in der Talkshow gesprochene Wort, sie ist deutlicher ist als schöne Worte des Bundespräsidenten (auchn SOZI) in Bündnissen für Opern und Theater.
Zum Bund bitte, Herr Dr. Steinkoch
Steinkoch :
Die Ausgaben des Bundes
sollen bis 2006 in etwa stagnieren, währenddessen: die Ausgaben für die
Verteidigung um 6% oder 1Milliarde100Millionen steigen
Öffentliche Sicherheit und Ordnung um 13 % oder 300 Millionen steigen
Hochschulen um 3 einhalb % oder 72 Millionen fallen
Wissenschaft und Forschung außerhalb der Hochschulen um 4% oder 300 Millionen steigen
Schüler und Studierendenförderung um 10 % oder 77 Millionen fallen
Bundesautobahnen um 30 % oder eine knappe Milliarde steigen
Kulturförderung und Kultureinrichtungen um 9 % oder 35 Millionen fallen
sollen
Der Anteil der Verteidigung am Gesamthaushalt macht 11 % aus, der Anteil der Autobahnen macht 1,2% aus, der Anteil der Arbeitslosenhilfe macht 6 % aus, der Anteil der Wirtschaftsförderung macht 6 ein halb % aus, der Anteil von Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur zusammen macht 4 ein halb % aus.
Weiß Bescheid?
Moderator:
Ein lauwarmes Danke für dieses brandheiße Material an den werten Kollegen vom Bundespressedienst, der wie er mir vertraulich gestand, mit einem Auftritt vor den Kameras gerechnet hatte, nicht nur daß die Herrschaften sichtbar keinen Arsch mehr in der Hose haben oder wie der Bundesollie an dieser Stelle sagen würde Eier!, wir brauchen Eier! nein, die Bühne ist nicht mehr präsent in den hochherrschaftlichen Gedanken: Das ist Gewichtung, Öffentlichkeit ist Quote, Ja ja der Kanzler sagt so gern: Wir machen da was.
Er sagte einst aber auch, er brauche für die Vermittlung seiner Politik nur die BILD und die Glotze. Weiter bitte, jetzt in die Niederungen der Provinz.
Steinkoch:
Das Land
gibt etwas mehr als 20 Milliarden Euro für sein Personal aus. Ja. Im Jahr. Davon entfallen knapp elf ein halb Milliarden auf Abgeordnete, ehrenamtliche Bürger und Meister, Ministerpräsidenten, Minister, Beamte und Richter, das ist weit mehr als die Hälfte und etwa ein Viertel des Gesamtetats. Tendenz steigend. Die Angestellten, Arbeiter und nicht aufteilbaren, das sind alle, die wir sind, bekommen 16,5 % der Personalausgaben, das sind 7 % des Etats. Tendenz fallend.
Moderator:
Man hat doch in den letzten Jahren immer mal wieder von der mal wieder eine Krise des föderalen Systems gehört, weil der Bund und sein Rat beschlossen haben, sich mehr und den Landtagen weniger Kompetenzen zuzubilligen, womit diese einverstanden waren. Man hörte in diesem Zusammenhang auch von Lobbyistenzudienerlandesparlamenten. Wenn Länderparlamente also nicht mehr soviel zu sagen haben, das Land tatsächlich so arm wäre und sich und seiner Verwaltung trotzdem ein Viertel des Kuchens gönnt, wüßte ich schon, woran ich sparen würde, wenn ich hier mal das vertretene Volk wäre. Helmut hat’s euch doch damals auch gesagt, ihr sollt den Gürtel enger schnallen. Aber Alle! Meine Forderung deshalb hier, Diätenkürzung bei gleichzeitiger Halbierung des Landtages und die Umwandlung der Ämter in GmbHs. Mit Auftrag zur Abwicklung. Geben Sie das bitte weiter.
Steinkoch:
ÄH, Der Landeshaushalt insgesamt
soll in den nächsten drei Jahren um 7 % steigen, damit konform geht das Innen und das Justizministerium, sowie das Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit. Überdurchschnittlich steigen die Ausgaben für das Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung, das Finanzministerium und für den Landtag.
Dem entgegen geht, also entgegen dem Gesamtwuchs weniger wird alles, was mit Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft, Verbraucherschutz, Wirtschaft, Mittelstand, Energie, Verkehr, Arbeit, Sozialem, Qualifikation, Technologie, Städtebau und Wohnen, Sport und Kultur zu tun hat, was zusammen in diesem Jahr noch 14 ein halb % des Etats ausmacht und nach dem politischen willen nur noch 13,3 % ausmachen soll. Soll ich das noch mal wiederholen? Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft, Verbraucherschutz, Wirtschaft, Mittelstand, Energie, Verkehr, Arbeit, Sozialem, Qualifikation, Technologie, Städtebau und Wohnen, Sport und Kultur
also, alles wird weniger in diesem Land, außer, ich hab das mal in den Einzelaufstellungen nachgeguckt:
die Zuschüsse an die Fraktionen und Parteien
die allgemeinen Bewilligungen des Ministerpräsidenten
die Förderungen von Kirchen, Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsvereinigungen, das ist wohl zum Trost
der Aufwendung fürs Amt für Datenverarbeitung und Statistik
dem Feuerschutz
der Fachbereich Medizin
die allgemeine Studien- und Schülerförderung
den Gymnasien und Berufsschulen
der Maßregelvollzug, das Recht wie Glut im Kraterherde nun mit Macht
die Arbeitsmarktprogramme
die Leistungen der Versorgungverwaltung
die Ausgaben der Polizei für öffentliche Sicherheit und Ordnung
und die Verwendung der Spielbankabgabe
Moderator:
Der Staat hat noch einen Rat parat, zumindest für diejenigen die ein Mietshaus besitzen, Zitat aus einer Anzeige: Für die Sanierung und Modernisierung von Wohngebäuden stehen Kredite in Milliardenhöhe zu Verfügung. Sichern sie sich Wertsteigerung. Infos unter www.wohnwertförderung.de
Der Herr ist mein Hirte, mir wird es an nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führt mich zu frischem Wasser, Er erquicket meine Seele. Und ob ich schon wandere in finstern Tal, fürchte ich kein Unglück, denn Du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.
Ein Schlußwort noch, Herr Kollege Minister?
Steinkoch :
Der Leibeigene ist dem Herrn am nächsten.
Moderator:
Vielen dank und
Steinkoch:
Tschüss, ja
Moderator:
In diesem Sinne werde ich ihnen, meine verbliebenen Damen und Herren, jetzt einen singen, quasi die letzte Konsequenz aufzeigen, die bloße Eigenverantwortlichkeit im Geiste des Liberalismus-
Dieses Lied ist als Hymne für alle Gründer einer Ich-AG gedacht: „Der Auktionator meiner Gedanken“